
Niemand hätte 2019 für möglich gehalten, wie drastisch sich das Geschäft von Escortagenturen und selbstständigen Escorts innerhalb weniger Monate verändern würde. Als Mitte März 2020 die ersten Lockdowns beschlossen wurden, war die Sexarbeit von einem auf den anderen Tag stillgelegt. Menschen, die in diesem Geschäft aktiv waren - von Berlin bis München, vom Bordell bis zum Edel-Escort - mussten ihre Arbeit abrupt einstellen, ohne Ankündigung und ohne jeden Rettungsschirm. Viele dachten damals, es würde nur ein paar Wochen dauern. Doch die Realität sah anders aus. Monatelange Schließungen, massive Kontrollen und anhaltende Unklarheit, was erlaubt ist und was nicht, wurden für viele Damen und Herren im Escort zur bitteren Normalität. Die Folgen? Vielschichtig wie selten und stellenweise dramatisch.
Wie COVID-19 dem deutschen Escortmarkt den Boden entzog
Das erste, was auffiel, war die Stille. Normalerweise sind große deutsche Städte ein Magnet für Geschäftsreisende, Messen und Tourismus – ein Segen für die Escortbranche. Plötzlich brach diese Nachfrage weg. Anfragen sanken laut einer Erhebung des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) im Frühjahr 2020 um gut 90 Prozent. Wer bis dahin von Stammkunden lebte, musste erleben, dass selbst treue Gäste absagten – aus Angst oder schlicht, weil die Umstände ein Treffen unmöglich machten. Einzelne Agenturen meldeten einen Umsatzverlust von bis zu 95 Prozent zwischen März und Mai 2020.
Besonders hart traf es Menschen, die sich in der Branche auf feste Treffpunkte wie Bordelle oder Clubs verließen. Für sie bedeutete der Stillstand oft einen existenziellen Einschnitt. Escorts, die ohnehin schon als Solo-Selbstständige unterwegs waren, zeigten sich etwas flexibler, doch auch hier waren kreative Lösungen gefragt. Eine überraschende Erkenntnis aus persönlich geführten Gesprächen: Nicht wenige setzten auf digitale Angebote – von Videochats bis hin zu exklusiven Telefonkontakten. Die Nachfrage sprang allerdings nicht sprunghaft an; viele Gäste wünschen sich eben echte Nähe, keine virtuelle. Trotzdem entstanden neue Kommunikationswege, etwa über sichere Messenger, cam-Modelle und exklusive Social Media-Gruppen. Diese Veränderungen schufen einen neuen Nebenschauplatz für den Escortservice, der mittlerweile fester Bestandteil bleibt.
Ein Thema, das in der Branche für viel Unmut sorgte, waren die staatlichen Corona-Hilfen. Während viele Selbstständige in klassischen Branchen Soforthilfen erhielten, wurden Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter nahezu ausgeschlossen. In einer Infografik von 2021 zeigte sich, dass lediglich 17 % der befragten deutschen Escorts eine Soforthilfe bewilligt bekamen. Viele landeten in der Grauzone – mit allen sozialen und privaten Konsequenzen. Hier halfen oft nur private Netzwerke, Solidarität unter Kolleginnen oder eine starke Online-Präsenz, um finanziell durchzuhalten.
Von Improvisation und Innovation: Wie sich der Alltag verändert hat
Es dauert oft nicht lange, bis Kreativität aus der Not heraus entsteht. So kam es auch im Escort-Business: Wer sich halten wollte, musste Alltagsroutinen und Angebote komplett Neu denken. Statt klassischer Dates im Hotelzimmer wurde regelmäßig auf Outdoor-Treffen gesetzt – sei es beim Parkspaziergang, Picknick am Seeufer oder Restaurantbesuch mit Abstand. Originell? Sicher. Effektiv? Nicht immer. Aber für viele war es die einzige Option, weiterhin in Kontakt mit Kunden zu bleiben.
Interessant ist, dass Hygiene zum neuen Statussymbol wurde. Viele Agenturen werben noch immer mit regelmäßigen Coronatests, FFP2-Masken, kontaktlosen Zahlungen und Desinfektionsmittel auf dem Nachttisch. Einige Escortdienstleister gingen noch weiter und entwickelten „Safe-Date-Konzepte“: Dazu gehörten eigens angemietete Apartments mit ausgefeiltem Hygienekonzept, Zeitfenster zwischen Buchungen und verpflichtende Schnelltests für alle Beteiligten. Laut einer nicht repräsentativen Befragung innerhalb des Branchenportals „Sexarbeit.de“ gaben 58 % der Escorts an, mittlerweile feste Stammkunden-Kreise zu bevorzugen, um das Infektionsrisiko gering zu halten. Viele beschränkten ihr Angebot auf wenige Gäste pro Woche und fokussierten sich auf längere Buchungen mit überschaubarem Personenwechsel.
Dies führte dazu, dass kurzfristige, einmalige Treffen deutlich zurückgingen. Wer heute als Escort arbeiten möchte, sollte vor allem auf Vertrauen setzen. Ein Tipp, der sich bereits in vielen Blogbeiträgen von Brancheninsidern wiederholt: Kommunikation ist alles. Detailliertes Vorgespräch, gegenseitiges Update zum Gesundheitszustand und ehrlicher Umgang mit möglichen Krankheitssymptomen helfen, Unsicherheiten im Keim zu ersticken. Hier einige Maßnahmen, die sich bewährt haben:
- Gästeanfragen nur nach vorherigem Video-Call akzeptieren
- Verbindliche Terminvereinbarungen mit Stornobedingungen
- Festes Set an Hygieneartikeln zum Mitnehmen
- Ehrlicher Informationsaustausch über Kontakte der letzten Tage
Ein weiterer heißer Tipp: Wer Englisch spricht, hat trotz Krisenzeiten Vorteile. Internationale Kunden, etwa aus den USA oder der Schweiz, buchen weiterhin in Deutschland – sofern sie reisen dürfen. Menschen mit guten Fremdsprachenkenntnissen verzeichneten prozentual am wenigsten Auftragsrückgang.

Statistiken, Trends, Entwicklungen – die harten Fakten
Zahlen lügen nicht. Wer sich die aktuellen Daten zur Sexarbeit in Deutschland anschaut, erkennt schnell den Wandel, den die Pandemie ausgelöst hat. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick zu den wichtigsten Entwicklungen zwischen 2019 und Mitte 2024:
Jahr | Anzahl gemeldeter Escorts (DE) | Durchschnittliches Monatseinkommen lt. BesD | Digital gebuchte Kontakte (%) |
---|---|---|---|
2019 | ca. 44.000 | 2.000 € | 12 % |
2020 | ca. 26.000 | 600 € | 27 % |
2021 | ca. 28.300 | 1.100 € | 42 % |
2023 | ca. 32.900 | 1.600 € | 38 % |
2024 | ca. 35.400 | 1.900 € | 33 % |
Aus dieser Übersicht sieht man: Die Zahl der Aktiven ist massiv eingebrochen und hat sich erst ab 2023 wieder stabilisiert. Digitale Buchungen, also Dates, die über Apps und Online-Portale organisiert werden, sind deutlich populärer geworden. Der persönliche Kontakt bleibt aber das A und O. Nicht zu vergessen: Der Statistik liegen nur die offiziell gemeldeten Zahlen zugrunde. Die Dunkelziffer dürfte, wie in allen Bereichen der Sexarbeit, deutlich höher liegen.
Ein weiterer auffälliger Trend ist die Regionalisierung. Wer früher nur in großen Städten arbeitete, zieht jetzt auch Angebote in kleineren Städten oder ländlichen Regionen in Betracht. Hintergrund: Dort sind die Kontrollen lockerer, die Konkurrenz kleiner – und die Kundschaft bleibt oft treuer. Manche Escorts berichten, dass sie in Städten wie Leipzig, Dresden oder Freiburg mittlerweile ähnlich viele Anfragen haben wie in Berlin oder Hamburg. Auch deshalb entdecken viele die Vorteile von Fernbeziehungen, diskreten Übernachtungsdates oder festen Arrangements wieder neu.
Psychische Belastung und gesellschaftliche Tendenzen
Nicht alles ist eine Frage von Geld oder Organisation. Die seelischen Belastungen, die mit wochenlangen Einnahmeausfällen, sozialer Stigmatisierung und Unsicherheiten einhergehen, haben bei vielen Escorts Spuren hinterlassen. Wer in der Sexarbeit tätig ist, hat oft ohnehin ein dickes Fell – doch in Krisenzeiten wird das schnell rissig. Angst vor Ansteckung, Sorge um Angehörige, Isolation wegen Kontaktbeschränkungen, aber auch das Gefühl, als "systemirrelevant" abgehängt zu werden, drücken auf die Psyche.
Die Beratungsstelle Hydra aus Berlin dokumentierte, dass sich die Zahl psychologischer Beratungsanfragen von Sexarbeiterinnen zwischen 2020 und 2022 fast verdoppelt hat. Besonders belastend: der Spagat zwischen finanzieller Not und gesundheitlicher Vorsicht. Nicht jeder kann sich monatelange Arbeitspausen leisten, zumal viele am Existenzminimum leben. Das Gefühl, im Schatten zu stehen, bezieht sich nicht nur auf den gesellschaftlichen Status, sondern betrifft längst auch die eigene Identität. Hier lohnt ein Blick auf Selbsthilfegruppen, Peer-Communitys und neue Netzwerke, die sich besonders über Social Media oder Messenger-Dienste gebildet haben. Dort finden Escorts nicht nur Tipps zum Alltag, sondern auch mentale Unterstützung und Mitgefühl: "Reden hilft – auch unter Kolleg*innen", schrieb eine bekannte Escort-Dame auf X (ehemals Twitter).
Gelockert hat sich hingegen das Bild in der Öffentlichkeit. Corona hat vieles, was zuvor hinter verschlossenen Türen blieb, ins Scheinwerferlicht geholt. Medien berichten offener, Politiker diskutieren das Thema häufiger – mal destruktiv, mal wohlwollend. Was bleibt, ist der Wunsch nach Anerkennung und normalen Arbeitsbedingungen, ganz ohne Vorurteile. Immer mehr Menschen fordern deshalb ein Ende der Stigmatisierung und ein rechtlich gesichertes Arbeitsumfeld für Sexarbeit.

Tipps für Newcomer und Überlebenskünstler – so gelingt der Neustart
Wer jetzt neu in die Branche einsteigt oder zurückkehrt, steht vor ganz anderen Herausforderungen als vor ein paar Jahren. Das Geschäftsmodell ist digitaler, persönlicher und anspruchsvoller geworden. Hier ein paar praktische Tipps, die Branchenprofis für einen erfolgreichen Neustart empfehlen:
- Baut euch ein eigenes Netzwerk auf – Kontakte zu anderen Escorts, vertrauenswürdigen Stammkunden, Supportgruppen oder Beratungsstellen sind Gold wert.
- Setzt auf Qualität statt auf Quantität. Wenige, aber regelmäßige Gäste bringen mehr Sicherheit als viele kurzfristige Dates.
- Digitale Präsenz muss sitzen. Eine gepflegte Website, Social-Media-Profile und professionelle Kommunikation sind wichtiger denn je.
- Schult euch selbst in Sachen Recht, Steuer und Gesundheit. Wissen schützt euch vor bösen Überraschungen.
- Verlangt offen nach fairen Konditionen. Wer gezielt mit offenen Karten spielt, erhält öfter Stammkundschaft und Respekt.
- Vergesst nicht die eigene Psychohygiene. Regelmäßige Auszeiten, Gespräche mit Freund*innen und ein klarer Blick auf die eigenen Grenzen helfen, gesund zu bleiben.
Besonders spannend für die Zukunft: Immer mehr Escorts bieten mittlerweile Coaching, Workshops und Mentorings an. Hier lernen Einsteiger, wie sich professionelle Angebote gestalten lassen, wie man schwierige Situationen meistert und wie ein modernes Marketing funktioniert. Die meisten Kurse finden online statt – was für maximale Diskretion sorgt.
Wer sich langfristig erfolgreich in der Branche halten will, sollte außerdem Flexibilität mitbringen. Trends und Kundenwünsche verändern sich ständig – am wichtigsten bleibt das Gespür für Menschen und ihre Bedürfnisse. Corona hat gezeigt: Nur, wer mitdenkt, bleibt sichtbar.